Bye-bye Lieblingsstiefel

Allgemein

Noch wechseln sich Kälte und grauer Himmel mit gelegentlich überraschend warmen Tagen ab, aber so ein kleines bisschen liegt der Frühling schon in der Luft. Bevor die Frühjahrsmüdigkeit sich breit macht, flackert hier und dort Motivation auf, den Frühjahrsputz auch zum Entrümpeln zu nutzen.

In meinem eigenen Kleiderschrank herrscht durch das konsequente Entsorgen in den letzten Jahre ausreichend Vielfalt, aber nicht mehr so viel Überfluss. Trotz eines minimalistischen Lebensstils ist das Entrümpeln aber eigentlich nie zu Ende,  denn es kommen immer mal wieder neue Dinge dazu, und das eine oder andere Shirt ist einfach irgendwann durch und darf den Ruhestand antreten. Das ist der Lauf der Dinge.

Nach anfänglicher Unentschlossenheit fällt das Aussortieren mit jeder Runde leichter; und mit jeder Entscheidung, etwas loszulassen, rückt das Ziel, sich ausschließlich mit wirklich nützlichen und schönen Dingen zu umgeben, näher. Schönes einfaches Leben ahoi!

Und trotzdem schummelt sich da auch immer mal wieder etwas von Runde zu Runde an diesem Prozess vorbei: Meine schwarzen Lederstiefel sind einfach viel zu schön, um sich von ihnen zu trennen. Außerdem, so selten trage ich sie nun auch wieder nicht. Oder? Eigentlich verbringen sie wesentlich mehr Zeit im Schrank als an meinen Füßen. Was vor allem daran liegt, dass das Tragen der Stiefel sich beim Zusammenstellen eines Outfits immer wie eine tolle stylische Idee präsentiert, in Wahrheit aber total unbequem und regelrecht schmerzhaft ist. Wer schön sein will muss leiden.

Echt jetzt? Nö. Schluss damit. Ein Grundpfeiler des minimalistischen Lebensstils ist schließlich „weniger, aber besser“. Weniger klappt eigentlich schon ganz gut, schwierig wird es nur immer dann, wenn es sich irgendwie um Lieblingsstücke handelt. Bei echten Lieblingsstücken stellt sich die Frage gar nicht, die bereichern schließlich mein Leben, und genau aus dem Grund heißen sie Lieblingsstücke. Gerade bei Kleidung gibt es aber auch so „halbe Lieblingsstücke“: Kleidungsstücke, die ich eigentlich nicht mehr trage, weil sie zu klein, zu groß, abgetragen, fusselig, nicht mehr reparierbar oder schlicht unbequem sind. Trotzdem fällt es schwer, sich von diesen schlummernden Lieblingsstücken zu trennen; schließlich erinnern sie an gute Zeiten, fühlen sich toll an oder haben genau die Farbe, die perfekt zu meinen Augen passt. Und irgendwie würde ich zumindest gern einen kleinen Funken Erinnerung an sie behalten.

Klar, Fotos machen ist eine Option! Aber was noch besser funktioniert und außerdem sogar Spaß macht, ist ein Abschiedsdate mit dem Lieblingsstück.

Einen Tag bestimmen, an dem man genau dieses ehemalige Lieblingsstück noch einmal trägt, es zelebriert und sich verabschiedet.

Vor etwa einem Jahr habe ich so ein Abschiedsdate mit meinem damaligen schwarzen Lieblingskleid vereinbart: Es saß zwar noch wie angegossen, aber der Stoff war sichtbar abgenutzt und einfach nicht mehr schön. Bei abgetragenen T-Shirts wäre noch die Ausrede „trage ich beim nächsten Umzug oder Streichen“ möglich gewesen; ein schwarzes Minikleid als Umzugs- und Handwerkeroutfit … Näh!

Also Abschiedsdate! Voller Stolz habe ich mein kurzes Schwarzes also zu einem Mädelsabend in einer meiner Lieblingscocktailbars angezogen, den Abend gebührend gefeiert, und bis heute erinnere ich mich gern an den Abend und das Kleid zurück. Ich hoffe, es geht ihm gut im Kleiderhimmel!

In diesem Sinne, raus mit dem Kalender und Abschiedsdate mit meinen schwarzen Lederstiefeln vereinbaren. Ich werde sie gebührend zelebrieren und mit einem lachenden und einem weinenden Zeh verabschieden.


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